Aus Sturm und Not. Adolph Bermpohl und die DGzRS

Der Gütersloher Adolph Bermpohl war Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Auslöser war ein Ereignis, das am 10. September 1860 geschah. Damals strandete am gefürchteten Borkum-Riff eine Brigg, also ein Frachtschiff. Von den Insulanern, die das mitbekommen hatten, eilte niemand den Verunglückten zu Hilfe. Im Gegenteil, man wartete auf ihren Tod – half möglicherweise auch noch nach – raubte, was aus den Trümmern hervorkam.

Man ließ die Leichen am Strand liegen, um sie erst sehr viel später ganz unwürdig und pietätlos in den Dünen zu verscharren. Mit Berufung auf das Strandrecht war diese Handlung durchaus keine Ausnahme. Allerdings: diesmal blieb es nicht unbeobachtet. Ein Badegast, von denen es zu jener Zeit auf Borkum noch kaum welche gab, hatte alles mitbekommen. Was er mit ansehen musste, empörte ihn derart, dass er das Geschehen in einem langen Bericht veröffentlichte und anprangerte.

bermpohl3Nun war auch für Adolph Bermpohl das Maß voll. So konnte es nicht weitergehen. Schon im November verfasste er seinen bekannten Aufruf zur Gründung einer Seenotrettung, der schließlich auch zum Erfolg führte. Was trieb ihn an? Warum jemand aus Gütersloh, der diese Initiative ergriff? Wenn man einmal auf die geistige Herkunft schaut, so wird es klar: Adolph Bermpohl, seine ganze Familie, war durchdrungen vom christlichen Geist der Nächstenliebe. Der Pietismus, eine für Gütersloh spezifische Geisteshaltung der Protestanten, hatte dazu geführt. Schließlich brachte die Familie Bermpohl später auch Küster und Pastoren hervor. Immer war es für sie selbstverständlich, sich gegen Unrecht zu erheben und sich für andere Menschen einzusetzen. Zumal in einer Zeit, in der so etwas wie ein Sozialstaat noch gänzlich unbekannt war. Das Helfen war den Bermpohls in die Wiege gelegt. Mit Adolph Bermpohl gelang der Durchbruch nun auch auf dem Meer.

Seine Motive können besonders in unseren Tagen als absolut vorbildlich gelten. Feiwillig und ehrenamtlich anderen Menschen zu helfen, noch dazu mit einem großen persönlichen Risiko. Eine besondere Tragik der Geschichte ist daher auch das Unglück des Seenotrettungskreuzers, der auf Bermpohls Namen getauft wurde. 1967 verunglückte das Schiff in einem Orkan; die vier Retter an Bord und drei zuvor gerettete Fischer kamen um.

Schiffbruch zu erleiden und in Sturm und Wellen unterzugehen, sind Ängste der Menschen, seitdem sie die Meere befahren. Über viele Jahrhunderte war der Seefahrer bei Sturm und Schiffbruch seinem Schicksal überlassen. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts häuften sich in der Nordsee die Schiffsunglücke, auch wegen des vermehrten Schiffsverkehrs, den die Auswanderung in die USA nach sich zog. Anders als in Großbritannien oder den Niederlanden gab es aufgrund der kleinstaalichen Zersplitterung an den deutschen Küsten keinerlei Mittel, den vom nassen Tod bedrohten Menschen zu helfen. Eine Initiative aus Bremen forderte die Gründung eines nationalen Rettungsvereins für die ganze deutsch Nord- und Ostseeküste, zu der es schließlich am 29. Mai 1865 kam. Als Ergebnis der frühesten Bürgerinitiative Deutschlands nahm die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ihre Tätigkeit auf.

retter_im_sturmDie erste große kulturgeschichtliche Ausstellung zur Seenotrettung in Deutschland war nach dem Focke-Museum in Bremen aus Anlass des 140-jährigen Bestehens der Gesellschaft 2006 im Stadtmuseum Gütersloh zu sehen. Mit zahlreichen Exponaten zeigte sie nicht nur die Entwicklung der deutschen Seenotrettung, ihre Methoden, Geräte und Boote und die Geschichte der DGzRS von der Gründung bis heute, sondern auch die künstlerische Verarbeitung von Seenot und Untergang. Erstmals wurden Gegenstände aus dem Nachlass Adolph Bermpohls gezeigt wie ein Schiffstagebuch von 1857 und seine Familienbibel. Schiffsmodelle und Buddelschiffe faszienierten die Modellbaufans, Briefmarken und Ersttagsblätter die Philatelisten. Aus Streichhölzern gefertigte Schiffsmodelle des Osnabrücker Modellbauers Walter Krüwel waren zu bewundern. Eine moderne Rettungsinsel war aufgebaut. Mit altem Signalgerät funkten die Besucher selbst S.O.S. Im „Küstenkino“ wurden Filme aus der Arbeit der Seenotretter gezeigt.

Im Rahmen eines maritimen Flohmarkts kamen Sammlerstücke, eine große Bücherkiste, DGzRS-Restbestände und Fotos unter den Hammer. Zweifellos das interessanteste Stück war das Original-Namensschild vom Seenotkreuzer Hermann Ritter, der 1988 nach China verkauft und umbenannt wurde.

Vom 10. September bis zum 12. November 2006

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