Mediziner und Malerei XII

Auch Mediziner greifen gerne zum Pinsel – das zeigt die renommierten Wanderausstellung „Mediziner und Malerei“, die 1988 von dem Köthener Mediziner Dr. Peter Erdmenger ins Leben gerufen wurde. Erdmenger knüpft damit erfolgreich an die Veranstaltungsreihe „Mit Stethoskop und Palette“ an, die in den 1960er Jahren in Ostberlin Furore machte.

Die Ausstellung „Mediziner und Malerei XII“ war zum zweiten Mal in Gütersloh, nachdem durch die Vermittlung des Gütersloher Arztes Walter Topperzer das Jubiläum „175 Jahre Stadt Gütersloh“ im Jahr 2000 zum Anlass genommen worden war, die Ausstellung „Mediziner und Malerei VIII“ in den Räumlichkeiten der Sparkasse Gütersloh zu präsentieren.

Anfänge in der DDR

In den Anfängen der Reihe stand das Stethoskop als Sinnbild für den künstlerisch tätigen Mediziner. Die Ausstellung hatte damals jeweils im Herbst als Beiprogramm zu den Ostberliner Festspielen im „Zentralen Haus der deutsch-sowjetischen Freundschaft“ stattgefunden. Veranstalter waren der Magistrat von Groß-Berlin, Abteilung Gesundheit und Sozialwesen, das Berliner Haus für Kulturarbeit und „Humanitas. Zeitung für Medizin und Gesellschaft“ in der DDR. Da in der DDR eine öffentlich gezeigte und dann noch für jedermann zugängliche Ausstellung eine gewisse politische Brisanz hatte, wurden die Inhalte der gezeigten Werke kontrolliert und zensiert. Teilnehmer waren anfangs nur Mitarbeiter der Berliner Polikliniken und Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens – später kamen Kollegen aus der gesamten DDR hinzu. Ab 1971 verflachte das Niveau der Ausstellung durch Hinzunahme von Arbeiten aus dem Kunstgewerbe mit fragwürdig niederer Qualität. Die eigentliche Ausstellung „Stethoskop und Palette“ verlief im Sande, bis es 1988 Dr. Peter Erdmenger aus Köthen/Anhalt gelang, eine neue Ausstellungsreihe unter dem Namen „Mediziner und Malerei“ ins Leben zu rufen. An der Ausstellung „Mediziner und Malerei XII“ nahmen 22 Ärztinnen und Ärzte aus sieben Bundesländern teil.

Malende Mediziner

TopperzerKunst und Medizin, das ist ein Verhältnis, das in inhaltlicher wie funktionaler Hinsicht eine Fülle gestalterischer Potenziale in sich birgt. Einiges aus diesem Bereich wurde in den vergangenen Jahren bei uns in der alten Arztpraxis des Dr. Wilhelm Angenete experimentell entwickelt. Dem Stifter der Einrichtung folgend, bekamen wir jenes Alleinstellungsmerkmal, das es vor allen anderen kommunalgeschichtlichen Museen in Norddeutschland auszeichnet: einen Ausstellungs- und Sammlungsschwerpunkt zur Geschichte der Medizin und des Gesundheitswesens. Die Verantwortlichen des Heimatvereins Gütersloh, in dessen bewährter Trägerschaft sich das Haus befindet, hatten dies Mitte der 1980er Jahre so geplant. Angenetes Praxiseinrichtung stammte schließlich aus dem Jahr 1925; was lag also näher, als diesen Bestand des Stifters sogleich zu musealisieren. Dass dies eine gute Entscheidung war, zeigt das große Interesse an diesem Thema, vor allen in einer Zeit, die von einem beschleunigten Wandel im Gesundheitswesen gekennzeichnet ist. Viele unserer medizintechnischen Exponate und Einrichtungsstücke sind ausleihbar; sie erfahren regelmäßig eine lebhafte Aufmerksamkeit, wenn der Blick zurück gerichtet wird, etwa anlässlich eines Krankenhausjubiläums.

Kunst ist heilsam

Kunst kann einem historischen Museum helfen, sich zu öffnen, sich nach außen zu wenden. Mit ihrer Hilfe können therapeutische Ansätze entwickelt werden. Sie kann Teilen der historischen Sachkultur eine neue Bedeutung verleihen. Kunst hilft, den Fokus von der Objektqualität auf die Erinnerungsqualität eines Exponates zu richten. Wert wird etwas durch die Erinnerung an es, nicht durch seine physische Beschaffenheit. Zwei Ausstellungen zum Thema „Erinnerungsstücke – Erinnerungslücke“ führten zu konkreter Projektarbeit mit Demenzkranken, die sich ohne Orientierung in der Gegenwart allein durch die Wahrnehmung eines alten Waschbretts die lebhaftesten Erinnerungen an die Mühen und Plagen eines früheren Waschtages austauschen konnten. Eine frühere Ausstellung in Gütersloh aus dem Jahr 2003 hieß „Kunst auf Rezept“. Ihr Prinzip konnte nach Ausstellungsende im Museum in allen Suchtbereichen der LWL-Klinik Gütersloh für Psychiatrie erfolgreich angewandt werden und führte danach zu einer eigenständigen Klinikausstellung. Als wir im Winter 2008/09 das Thema Krankheit und Heilung im Kinderbuch mit den Beständen der umfangreichen Sammlung Professor Murkens realisieren konnten, kam es im Rahmen des Begleitprogramms zur Vorstellung des Buches Die unglaubliche Geschichte von Kroky und wie er in der Kinderklinik gerettet wurde, das ein Projekt mit krebskranken Kindern am Evangelischen Krankenhaus Bielefeld dokumentiert.

Kunst ist heilsam – auch über den Weg durchs Museum. So freueten wir uns über die Begegnung mit der Malerei der Mediziner wie Dr. Walter Topperzer (Foto), Dr. Wolfram Knöfler, Dr. Donald von Frankenberg und Dr. Kathrin Rolle, mehr noch auf das, was sie in der beschriebenen Hinsicht möglicherweise auszulösen bzw. anzuregen vermag.

Von 10. März bis zum 11. April 2010

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