Jüdisches Leben in Westfalen

Seit fast eintausend Jahren leben Juden in Westfalen. Die ersten kamen als reisende Händler aus dem Rheinland hierher und siedelten sich vornehmlich in den Städten an. In den folgenden Jahrhunderten verlagerte sich das jüdische Leben in die ländlichen Regionen Westfalens. Bis zum Beginn des 19.Jahrhunderts lebten Juden etwa im Sauerland, im Münsterland, im Lippischen.

Erst mit ihrer allmählichen gesellschaftlichen Gleichstellung, die 1869 gesetzlich formuliert wurde, kehrten sie in die Städte zurück. Die meisten von ihnen blieben in den ihnen angestammten Handelsberufen tätig, vom kleinen Trödler bis hin zum „ersten Geschäft am Platze“.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden fast alle, die nicht vorher ausgewandert oder geflohen waren, in den Konzentrationslagern ermordet. Die wenigen, die zurückkehrten, legten den Grundstein für ein Wiederaufleben jüdischer Gemeinden, denen sich heute durch die Zuwanderung von Juden aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion seit Beginn der 1990er Jahre neue Perspektiven eröffnen.

jued-leb-in-westfDie Wanderausstellung „Jüdisches Leben in Westfalen“ beleuchtete die Geschichte des Judentums in unserer Region. Mit Ausstellungsexponaten, Installationen und illustrierten Texttafeln spannte die Präsentation einen 800 Jahre umfassenden Bogen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Verdeutlicht wurden die untergeordnete Rechtsposition der Juden in Westfalen, die daraus resultierenden Probleme, aber auch die vielfältigen Verbindungen zwischen den jüdischen und christlichen Nachbarn. Gezeigt wurde städtisches Leben im Mittelalter, das Landjudentum und der jüdische Viehhändler – der jedem westfälischen Bauern ein Begriff war –, das jüdische Bürgertum und die Bestrebungen nach Emanzipation wie das Schulmodell von Alexander Haindorf in Münster.

Vorgestellt wurden aber auch die jüdischen Arbeiter, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Osteuropa ins Ruhrgebiet kamen sowie einige bedeutende Persönlichkeiten wie der Bildhauer Benno Elkan und die Politikerin Jeanette Wolff. Am Ende wurde ein Ausblick auf das gegenwärtige Gemeindeleben gegeben und seine Entwicklung seit Ende des Zweiten Weltkriegs nachgezeichnet.

Es wurden Eindrücke Vermittelt von Religion und Ritus, vor allem aber auch vom jüdischen Alltagsleben. Neben illustrierten Texttafeln und zahlreichen originalen Exponaten aus acht Jahrhunderten wurde versucht, durch verschiedene Inszenierungen jüdisches Leben anschaulich zu machen. Andere Installationen zeigten in verfremdeter Form antijüdische Klischees aus verschiedenen Epochen und versuchen, eine Ahnung von der Bedrohlichkeit der Verfolgung zu vermitteln.

Die Ausstellung wurde konzipiert von der >Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund und dem >Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund. Eröffnet wurde sie in Gütersloh wegen Platzmangels nicht in unseren eigenen Räumen, sondern in der Stadtbibliothek. An der Eröffnung nahm die nordrhein-westfälische Schulministerin >Gabriele Behler (SPD) teil.

Ab dem 1. November 1998

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