Das Stadtmuseum Gütersloh präsentiert im zweijährlichen Wechsel Sonderausstellungen zur deutschen Geschichte nach 1945. Etwa 100 Exponate gehörten zu der Wanderausstellung der Stiftung Haus der Geschichte/Zeitgeschichtliches Forum Leipzig. Die Ausstellung bildete den Auftakt zur Veranstaltungsreihe „Wie der Trabi nach Gütersloh kam“, die die Stadt Gütersloh gemeinsam mit dem Stadtmuseum und der Volkshochschule organisiert hatte.
„Eine gute Pointe muss eben sitzen!“ Diese Faustregel jeder Satire hatte in der DDR einen Hintersinn, den der Berliner Zeichner Manfred Bofinger 1970 in einer Karikatur unverblümt offenbarte: Er legte den Satz einem Sträfling in den Mund und spielte so darauf an, dass die wirklich treffenden Pointen in der SED-Diktatur nicht erlaubt waren – kein Wunder, dass auch die Zeichnung selbst unveröffentlicht blieb.
Gleichwohl fanden Karikaturen gerade in der DDR ein großes Publikum. Ausstellungen zogen in den 1980er Jahren sogar Zehntausende Besucher an, weil sie zum Thema machten, was die staatlich gelenkten Medien verschwiegen. Die Wanderausstellung „Unterm Strich. Karikatur und Zensur in der DDR“ bot mit Zeichnungen, Dokumenten und Filmen einen unterhaltsamen Gang durch die Geschichte der DDR.
Die Machthaber nutzen Karrikaturen für ihre Propaganda. Seit den 1950er Jahren entstanden ungezählte Feindbilder, gerichtet gegen Gegner im In- und Ausland. „Zerrbilder“ malten das westliche Leben in düsteren Farben, „Wunschbilder“ verherrlichten den Sozialismus. Die Funktionäre nahmen Anstoß an kritischen Karikaturen und bestrafen die Verantwortlichen. Mit typischen Propagandazeichnungen zeigte die Ausstellung das stereotype Weltbild der SED. Zahlreiche Beispiele beanstandeter oder verbotener Karikaturen veranschaulichten die Grenzen des Erlaubten und dokumentierten die Willkür der Zensur. Schubladenarbeiten, die nicht veröffentlicht werden konnten, verwiesen auf die allgegenwärtige Schere im Kopf.
Doch die Menschen in der DDR wollten Karikaturen sehen, welche die Probleme beim Namen nennen. Seit den 1970er Jahren deckten die Zeichner immer offener den Gegensatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Land auf. In Ausstellungen waren Blätter zu sehen, die den Alltag aufs Korn nahmen: Mängel der Planwirtschaft, Willkür der Behörden, soziale Probleme, Umweltzerstörung und Sorgen um den Frieden. Die Wanderausstellung gab diesen Zeichnungen, die versteckte, aber oft auch erstaunlich deutliche Kritik üben, breiten Raum.
Friedens- und Umweltthemen griffen auch Oppositionsgruppen in der DDR auf. In ihren Untergrundzeitschriften erschienen viele Zeichnungen mit mutiger Kritik, welche die Ausstellung erstmals angemessen würdigte.
Im Herbst 1989 brach sich der Unmut Bahn. In der Ausstellung waren ausgewählte Karikaturen des Umbruchs zu sehen, die oft überraschend aktuell wirkten.
„Unterm Strich“ gab tiefe Einblicke in Wesen und Wirklichkeit der SED-Diktatur. Wer die DDR erlebt hat, hat vieles wiedererkannt, wer nicht, konnte vieles besser verstehen.
Bei der Ausstellungseröffnung freuten wir uns besonders über die Anwesenheit des Kölner Karikaturisten Heiko Sakurai, der u.a. für die WELT und die Financial Times Deutschland arbeitete.
Vom 3. Oktober bis zum 1. November 2009